Lyrik – Jänner 2026 von Helmut Voit

Es lebe der Sport!

Sportgedichte, die Lust auf Bewegung machen

Es lebe der Sport!

Fußball, Tennis, Reiten, Schifahren, Snowboarden, Eishockey, Schach oder vielleicht doch eher E-Sport auf der Konsole? Was machst du am liebsten? Sportbegeisterte gibt und gab es auch unter Dichterinnen und Dichtern. In den Gedichten hier feiern sie ihren Lieblingssport. Und machen uns Lust auf mehr Bewegung. 

Hör dir die zwei Gedichte an. Achte wie immer auf die Betonung der Wörter und die gesetzten Pausen.

Leon Porträt Rechts

Sportgedicht von Fritz von Ostini

Ich habe jeden Sport getrieben, 
Ich focht mit Säbel und Floret, 
Ich war berühmt im Kegelschieben 
Kann Tennis, Schach, Billard, Croquet, 
Ich ritt spazieren hoch zu Pferde – 
Ich fuhr sogar mit Vieren schon, 
Ich fuhr per Dampfschiff um die Erde, 
Ich stieg empor im Luftballon; 
Ich habe jeden Berg bestiegen 
Und war im Eislauf äußerst flink, 
Es konnte keiner mich besiegen 
An Grazie auf dem Skating-Ring. 
Ich fuhr mit jeglichem Vehikel 
Umher auf diesem Erdenkreis, 
Und dennoch ist mir mein Bicycle 
Das liebste Fuhrwerk, das ich weiß…

Fritz von Ostini (1861 - 1927)

Was heißt …
focht: Präteritum von (ich) „fechte“
das Florett: Waffe im Sportfechten
das Croquet: Sportart mit Bällen und Schlägern
Grazie: eine Form des Schönen, Lieblichkeit
Skating-Rink: englisch für „Eislaufplatz“;
das Vehikel: Fahrzeug
Bicycle: englisch für „Fahrrad“

Sportgedicht von Fritz von Ostini

Sportgedicht von Fritz von Ostini

Ruf zum Sport

Auf, ihr steifen und verdorrten 
Leute aus Büros, 
Reißt euch mal zum Wintersporten 
Von den Öfen los. 

Bleiches Volk an Wirtshaustischen, 
Stellt die Gläser fort. 
Widme dich dem freien, frischen, 
Frohen Wintersport. 

Denn er führt ins lodenfreie
Gletscherfexlertum 
Und bedeckt uns nach der Reihe 
All mit Schnee und Ruhm. 

Doch nicht nur der Sport im Winter, 
Jeder Sport ist plus, 
Und mit etwas Geist dahinter 
Wird er zum Genuß. 

Sport macht Schwache selbstbewußter, 
Dicke dünn, und macht 
Dünne hinterher robuster, 
Gleichsam über Nacht. 

Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, 
Kürzt die öde Zeit, 
Und er schützt uns durch Vereine 
Vor der Einsamkeit,

Nimmt den Lungen die verbrauchte 
Luft, gibt Appetit; 
Was uns wieder ins verrauchte 
Treue Wirtshaus zieht. 

Wo man dann die sporttrainierten 
Muskeln trotzig hebt 
Und fortan in Illustrierten 
Blättern weiterlebt.

Joachim Ringelnatz (1883 - 1934)

Was heißt …
der Loden: grober Stoff aus Wolle
öde: langweilig
Illustrierte Blätter: Zeitungen oder Zeitschriften mit Bildern

Ruf zum Sport

Ruf zum Sport

Der Rhythmus, bei dem ich mit muss

Gedichte folgen ihren eigenen Regeln. Rhythmus und Form spielen bei ihnen eine ganz große Rolle. Oft sind sie in Verszeilen und Strophen gegliedert. (Tipp: Falls du mit einem dieser Begriffe hier oder im Quiz nicht so viel anfangen kannst, mach dich in der Lyrik September, November und Dezember bei „DEIN FACHWORTSCHATZ“ schlau!) Meist lassen sich Gedichte schon auf den ersten Blick erkennen, ohne vorher ein einziges Wort zu lesen.

Findest du in einem Gedicht ganze Sätze, ziehen sich diese immer wieder auch über mehrere Verszeilen. Zudem stellen die Dichterinnen und Dichter recht gerne Wörter um. So entfalten die Texte einen bestimmten Rhythmus oder eine besondere Wirkung. 

Im ersten Gedicht entspricht meist eine Verszeile einem Satz. 

Ein Gedicht anders schreiben

Im Gedicht „Ruf zum Sport“ reicht ein Satz aber häufig über mehrere Zeilen. 
Schreib dieses Gedicht so ab, als ob du einen normalen, durchgehenden Text schreibst. Mach keine Zeilenumbrüche, sondern schreib die Sätze aus. 
Du kannst so beginnen: „Auf, ihr steifen und verdorrten Leute aus Büros! Reißt euch mal zum Wintersporten ...“ 
Die Satzzeichen im Gedicht (, . ;) kannst du als Hilfe nutzen. Bist du der Meinung, dass an einer Stelle ein anderes Satzzeichen vielleicht besser passt, probier es einfach aus. Das Gleiche gilt auch für die Wortstellung. Verschiebe Wörter oder Wortgruppen, die für dich nicht so gut passen, und stelle sie an eine andere Position. Wie hat sich dein umgestellter Text zum originalen Gedicht verändert? Lies beide laut vor. Fallen dir Unterschiede auf?

Wer spricht im Gedicht?
Hast du dich schon einmal gefragt, wer hinter der Stimme in einem Gedicht steckt? Wer da seine Geschichte oder seine Gefühle in dem Text mitteilt? 
Schreibst du einen Aufsatz darüber, was du am Wochenende gemacht hast, bist natürlich du das „Ich“ in deinem Text. In einem Buch schaut das aber schon wieder ganz anders aus.
Ist der Ich-Erzähler in einer Geschichte immer die Autorin oder der Autor des Buchs? Nein, Schriftsteller erschaffen nur diese Figur und geben ihr eine Stimme. Einmal steckt dahinter etwas weniger vom Autor, ein anderes Mal mehr.
Das gilt wohl auch für das „Ich“ im ersten Gedicht. Sein Autor Fritz von Orsini war zwar ein begeisterter Radfahrer. „Jeden Berg bestiegen“ und „mit jeglichem Vehikel“ gefahren ist er aber sicher nicht. Im Gedicht „Ruf zum Sport“ gibt es dann gar keinen Ich-Erzähler. Wer könnte wohl hier die Stimme des Gedichts sein? Was denkst du?

Quak nachdenken

Dein Fachwortschatz

Das sogenannte lyrische Ich ist eine Stimme, die in einem Gedicht spricht. Du kannst sie mit dem Erzähler in einer Geschichte vergleichen. Mit dem Autor oder der Autorin darfst du diese Figur nicht gleichsetzen. Dichter schlüpfen durch sie in verschiedene Rollen. So können sie Erlebnisse, Gefühle und Eindrücke aus unterschiedlicher, persönlicher Sicht erzählen.

Oft wird das lyrische Ich durch Pronomen wie „ich“, „mein“ oder „mir“ dargestellt. Manchmal wendet sich das lyrische Ich auch an andere Personen. Diese kann es zum Beispiel mit „du“ oder „dich“ ansprechen. 

Leon

Sportlich kannst du auch dieses Quiz nehmen. Ich bin schon gespannt, wie viele richtige Antworten du schaffst! 

Quak flatternd rechts

Lyrische Grüße von Helmut Voit