Der Gnom
Vom Gnomenvolke stamm ich her.
Die Gnomen, das sind die Geheimnisvollen.
Sie sind nicht alt, und auch jung nicht mehr
Und können leben, solange sie wollen –
Solange sie wollen:
Vom Gnomenvolke stamm ich her.
Von wo sie kommen – man weiß es nicht,
Aus Nebeln, dahin kein Fuß mag dringen ...
Sie sind nur da – wie die Nacht, wie das Licht,
Und jeder will was andres vollbringen –
Und kann es vollbringen:
Vom Gnomenvolke stamm ich her.
Zu andrem hat jeder Geschick und Verstand;
Der hämmert, der pfeift, die graben, die blasen ...
Und dennoch sind alle wie Brüder verwandt –
O wüsstet ihr, wie gut sie es haben –
Wie gut sie es haben:
Vom Gnomenvolke stamm ich her.
[...]
Heut oder morgen wandt ich von hier.
Gleichviel: die andren werden nicht säumen;
Es kommen andre Gnomen nach mir
Mit neuen Geschichten, Wundern und Träumen –
Mit Wundern und Träumen:
Vom Gnomenvolke stamm ich her.
Dann sagt ihr wohl leise: Der Alte ist tot ...
Törichte Worte, törichtes Bangen, –
Bin, wie auf Strömen ein leichtes Boot
Euch nur entglitten, nur fortgegangen,
Auf Nebelschuhn, im Nebelkleid,
Ins Nebellland der Ewigkeit.
Josef Kiss
Nachdichtung aus dem Ungarischen von Heinrich Horvát (gekürzt)
Was heißt …
Gnom: kleines, menschenähnliches Fabelwesen
wandt: von „sich wenden“: weggehen
säumen: zögern
töricht: dumm
bangen: sich sorgen