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Ab in den Sommer! | JÖdigi
Lyrik – Mai 2024 von Helmut Voit

Ab in den Sommer!

Ist der Sommer da, zieht es viele von uns in die Ferne.

Ab in den Sommer!

Vielleicht stehst auch du manchmal an deinem Fenster, blickst hinaus und träumst dich an einen schönen, magischen Ort. Genau das hat der deutsche Dichter Joseph von Eichendorff vor fast 200 Jahren gemacht. In einem berühmten Gedicht beschreibt er diese Situation. Und er gab seinem Text einen Titel, der dieses Gefühl genau wiedergibt.

Rhythmen gehören zu jedem guten Gedicht wie das Salz in die Suppe. Wie Lieder und Songs haben auch Gedichte unterschiedliche Rhythmen. Hör dir „Sehnsucht“ an. Spürst du den Rhythmus dieses Gedichts?

Leon Porträt Rechts

Sehnsucht

Sehnsucht

Sehnsucht

Es schienen so golden die Sterne,
Am Fenster ich einsam stand
Und hörte aus weiter Ferne
Ein Posthorn im stillen Land.
Das Herz mir im Leib entbrennte,
Da hab’ ich mir heimlich gedacht:
Ach wer da mitreisen könnte
In der prächtigen Sommernacht!

Zwei junge Gesellen gingen
Vorüber am Bergeshang,
Ich hörte im Wandern sie singen
Die stille Gegend entlang:
Von schwindelnden Felsenschlüften,
Wo die Wälder rauschen so sacht,
Von Quellen, die von den Klüften
Sich stürzen in die Waldesnacht.

Sie sangen von Marmorbildern,
Von Gärten, die über'm Gestein
In dämmernden Lauben verwildern,
Palästen im Mondenschein,
Wo die Mädchen am Fenster lauschen,
Wann der Lauten Klang erwacht,
Und die Brunnen verschlafen rauschen
In der prächtigen Sommernacht.

Joseph von Eichendorff (1788 - 1857)

Was heißt …

Posthorn:
Vor der Eisenbahn nutzte man Postkutschen als Transportmittel. Das geblasene Posthorn kündigte die Ankunft einer Kutsche an.

Geselle: Handwerker; früher gingen Gesellen oft auf mehrjährige Wanderschaft

Felsenschlüften: Felsenschluchten

sacht: zart

Laube: hier: mit Pflanzen überwachsener Gang

Laute: Saiteninstrument

DEIN FACHWORTSCHATZ

Versmaß
oder Metrum:
Es bestimmt am stärksten den Rhythmus eines Gedichts. Das Versmaß gibt das Muster an, in dem sich betonte (Hebung) und unbetonte Silben (Senkung) abwechseln.
Betonte Silben werden beim Sprechen hervorgehoben. Du sprichst sie lauter. Unbetonte Silben sprichst du leiser. Bist du dir nicht sicher, sprich die Wörter in unterschiedlichen Betonungen. Meist hörst du so die richtige Betonung.
Möchtest du eine betonte Silbe darstellen, markierst du ein x mit einem Häkchen (), eine unbetonte nur mit einem x.
Das Wort „Silbe“ hat eine betonte und eine unbetonte Silbe. Du stellst es also so dar: „Sil-be“: x́x

Das Versmaß kannst du in vier Versfüße aufgliedern:

Es gibt zwei Arten mit zwei Silben.

Jambus:
Auf eine unbetonte Silbe folgt eine betonte. Das Wort „Verbot“ ist zum Beispiel ein Jambus: „Ver-bot“: xx́
Trochäus: Er dreht den Jambus sozusagen um. Auf die betonte
folgt die unbetonte Silbe. Das Wort „Sil-be“ ist also ein Trochäus: x́x

Und zwei Arten mit drei Silben.

Anapäst: Auf zwei unbetonte folgt eine betonte Silbe: Das Wort „Zau-ber-ei“ ist ein Anapäst: xxx́
Daktylus: Hier wird der Anapäst umgedreht. Auf eine betonte folgen zwei unbetonte Silben. „Ja-gu-ar“ ist etwa ein Daktylus: x́xx

Beachte, dass ein Versmaß nicht nur auf ein Wort beschränkt sein muss. Es kann auch über mehrere Wörter hinausgehen. In der dritten Zeile von „Sehnsucht“ etwa ist „...hörte aus“ (x́x x) ein Daktylus.

Leon

In unserer Sommerlyrik steht der Rhythmus im Mittelpunkt. Teste dein eigenes Rhythmusgefühl, indem du das Gedicht vorträgst. „Die fünf goldenen Regeln des Vortrags“ findest du bei der Lyrik im Jänner. Für die Beantwortung der Quizfragen kann auch der Fachwortschatz zur Lyrik im September/Oktober hilfreich sein.

Die Fragen in diesem Quiz sind dann sicher kein Problem für dich. 

Quak nachdenken

Lyrische Grüße von Helmut Voit